Freitag, 6. Februar 2015

Petition: Rückkauf des Bahnhofvorplatzes

Auf dem ehemaligen Freiraum Bahnhofsvorplatz soll ein 7-stöckiges Gebäude entstehen. Schon lange ist das Grundstück von einem Bauzaun umgeben und der Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich, obwohl von Bauarbeiten noch immer nicht die Rede sein kann. Wird der Bauherr sein Gebäude nicht innerhalb einer 36-monatigen Frist fertigstellen, hat die Bremen das Recht auf Rückkauf.

Genau darauf drängt die Petition "Rückkauf des Bahnhofsvorplatzes jetzt!"

Mitzeichnen könnt ihr HIER!


Die Petition im Wortlaut:


Im Mai/Juni 2011 wurde gegen viele Proteste beschlossen, den Bahnhofsvorplatz an den privaten Investor Achim Griese Treuhand zu verkaufen, der den Platz komplett mit einem siebenstöckigen Hochhaus zubauen will. Viele Bremerinnen und Bremer haben seitdem deutlich gemacht, dass sie diese Bebauung nicht wünschen und für ein stadtplanerisches und ästhetisches Unglück halten. Es gab Demonstrationen, Petitionen, Unterschriftensammlungen, Leserbriefe, Anträge gegen die Bebauung. Immer wieder wurde klar: Die Mehrzahl der Bremerinnen und Bremer wünscht sich für diesen Platz eine Gestaltung – keine Beerdigung des Platzes unter einem Monstergebäude. Sie sprechen sich dafür aus, den Platz durch eine öffentliche Nutzung aufzuwerten und den BürgerInnen wieder zurückzugeben – z.B. mit einer Mischung aus Grünfläche, Café oder Restaurant, öffentlichen Sitzgelegenheiten und Toiletten, eventuell auch einer Haltestelle für die Fernbusse, und wieder einer freien Durchgangs- und Aufenthaltsmöglichkeit.

Glücklicherweise gibt es eine einfache Möglichkeit, zu einer öffentlichen Nutzung des Platzes zurückzukommen. „Innerhalb von 36 Monaten nach Erteilung der Bauerlaubnis ist das Neubauprojekt nutzungsfertig herzustellen. Erfüllt der Käufer diese Pflicht nicht, hat Bremen das Recht des Wiederkaufs.“ Dies erklärte Bausenator Joachim Lohse am 27. August 2013 in der Fragestunde der Bürgerschaft. Die Bauerlaubnis wurde im August 2013 erteilt, die Frist zur Fertigstellung läuft also im August 2016 ab.

Bis dahin wird auf dem Bahnhofsvorplatz kein nutzungsfertiges Gebäude stehen. Im September 2014 hatte der Bauherr bereits geäußert, das Hochhaus solle bis „Dezember 2016“ stehen. Im Dezember 2014 entschied die Baubehörde, nicht selbst dort einzuziehen, worauf einer der Ankermieter seinen Ausstieg erklärte (die Accor, die mit einem Ibis-Hotel einziehen wollte). Seither ist klar, dass sich der Bau auf völlig unbestimmte Zeit verzögern wird. Der Bahnhofsvorplatz ist zu einem reinen Spekulationsobjekt geworden, das auf Jahre hinaus im derzeitigen Zustand bleiben wird.

Die Stadt soll daher bereits jetzt dem Investor eine Rückabwicklung des Verkaufs anbieten, auf die sie im August 2016 dann ohnehin bestehen kann. Es macht keinen Sinn, darauf zu warten, dass weitere Scheinaktivitäten auf dem Platz vorgenommen werden, die womöglich bei einer Rückabwicklung in Rechnung gestellt werden. Es macht auch keinen Sinn, den Bremerinnen und Bremern ein weiteres Jahr zuzumuten, in dem sie auf einen hässlichen Bauzaun ohne Bauaktivitäten schauen müssen – anstatt einen öffentlichen Platz endlich wieder nutzen zu können.

Dienstag, 6. Januar 2015

Planungstreffen


Eine ganz andere Stadtentwicklung ist möglich!
Denn die Stadt gehört uns allen!



Um dies weiter einzufordern werden weitere Stadtrundgänge folgen! Das nächste Planungstreffen hierfür findet am 13.01.2015 um 19 Uhr im Jugendhaus Buchte statt. Ihr seid herzlich eingeladen, euch einzubringen!


Kritik auf Schritt und Tritt

Aus dem Weser Kurier vom 05.01.2015 von Hasan Gökkaya


Zum Original- Artikel geht es HIER

Das Netzwerk „Recht auf Stadt“ will zeigen, dass es in Bremen nicht an Kritik an der Baupolitik mangelt. Unter dem Titel „Wem gehört die Stadt?“ hat das Bündnis einen demonstrativen Stadtrundgang unternommen. Was ist die Bürgerbeteiligung Wert, wenn am Ende doch nur geschieht, was die Behörde möchte? Diese und andere Fragen stellte Anne Schweisfurth den etwa 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

„Wem gehört die Stadt?“, fragen sich die Spaziergängerinnen und Spaziergänger am Breitenweg. (Hasan Gökkaya)


Anne Schweisfurth ist Mitglied der Bürgerinitiative Waller Mitte, die sich seit vier Jahren für den Erhalt des ehemaligen Sportplatzes an der Dedesdorfer Straße engagiert. „Dieser Platz liegt mitten im Wohngebiet und wurde nach dem Umzug des Sportvereins wild genutzt“, sagt die 52-Jährige. Der Platz sei wichtig gewesen, denn im Stadtteil gebe es nicht viele Möglichkeiten, um die Sonne zu genießen, draußen Sport zu treiben oder zu spielen.
Die Baubehörde habe die freie Fläche bebauen lassen wollen – die Bürgerinitiative habe mit am Runden Tisch gesessen und sich intensiv eingebracht. Das Ergebnis sei ein Kompromiss gewesen, „der Wohneinheiten und genug Freiraum für die Bürgerinnen und Bürger vorsah“.
Doch dann das Erwachen: „Die ignorierten uns plötzlich, der Plan sah sogar die verdoppelte Wohnfläche vor.“ Die Bürgerinitiative sei daran zerbrochen – „so viel zum Hype über die geforderte Bürgerbeteiligung von Politikern“, resümierte Anne Schweisfurth enttäuscht. Die Menge hörte zu, nickte, klatschte, gelegentlich kam ein „Pfui“ aus ihrer Mitte. Die Gruppe hatte sich vor dem Tivoli-Hochhaus getroffen. Viele der Frauen und Männer hatten Transparente und Schilder dabei, um gegen Bauvorhaben oder für mehr Mitsprache zu demonstrieren. Der erklärte Gegner war die Immobilienlobby samt ihrer Unterstützer.
Das Netzwerk „Recht auf Stadt“ ist ein Bündnis aus Initiativen und Privatpersonen. Derzeit gehören unter anderem das Bündnis Menschenrecht auf Wohnen, die Bürgerinitiative Waller Mitte, die Stadtteilinitiative Neues Hulsberg-Viertel, die Interventionistische Linke Bremen, die Partei Die Linke, das Autonome Architekten Atelier (AAA) und die Initiative „Ab geht die Lucie“ dazu. Der Zusammenschluss kritisiert die aktuelle Stadtplanung als unsozial und fragt: „Wem gehört die Stadt?“
Auf dem demonstrativen Stadtrundgang wollte das Netzwerk die Konsequenzen einer Stadtpolitik deutlich machen, die an Profitinteressen orientiert ist. Die Route führte vom Bahnhofsplatz – dessen Bebauung bremenweit umstritten ist – durch die Innenstadt zum Lucie-Flechtmann-Platz in der Neustadt. Für Christoph Spehr, den Sprecher des Landesverbandes der Partei Die Linke, entspricht gerade der Bahnhofsplatz als Investorengrundstück dem Kalkül der aktuellen Stadtentwicklungspolitik. Weitere Themen während des Rundgangs waren Sammelunterkünfte für Flüchtlinge, die Situation der Obdachlosen, der geplante Abriss des Lloydhofs und die Nutzung einer Freifläche in der Neustadt. Das Netzwerk hat vor, weitere Rundgänge zu unternehmen.

Freitag, 19. Dezember 2014

Richtigstellung

Auf den Flyern, die wir auf dem demonstrativen Stadtrundgang verteilt haben, haben wir irrtümlich den Flüchtlingsrat als Autor einer der Redebeiträge angegeben. Autorin war jedoch die Flüchtlingsinitiative. Das tut uns leid!

Montag, 15. Dezember 2014

Gegen die Bremer Wohnungsnot

Aus der taz vom 14.12.2014 von Jan Paul Koopmann

Zum Original-Artikel geht es HIER.


BREMEN taz | Unter dem wachsamen Blick zahlreicher Kameras präsentierte sich das linke „Netzwerk Recht auf Stadt“ am Samstag mit einem Stadtrundgang. Es war nicht die Polizei, es handelte sich um die Handys überraschter Weihnachtsmarkt-BesucherInnen, die die rund 130 DemonstrantInnen aus verschiedenen linken Spektren im Blick hatten. 
Es ging ihnen um öffentlichen Raum als Sphäre des Konsums, den Mangel an bezahlbaren Wohnungen und, spätestens vorm Hillmann-Hotel, auch um die gesellschaftliche Spaltung zwischen Arm und Reich: „Eine Nacht hier kostet mehr, als einem Obdachlosen vom Senat für den ganzen Monat zugestanden wird“, sagt ein Redner. Und erinnert an einen Mann, der hier in den Wallanlagen im November verstorben war. 
Zu dem Netzwerk gehört auch die Linkspartei, die bereits am Vortag zu einer wohnungspolitischen Konferenz geladen hatte. Hier hatte Claudia Bernhard, die wohnungspolitische Sprecherin der Fraktion, zur Vernetzung mit außerparlamentarischen Initiativen aufgerufen. Man sei im Parlament „doch ganz schön einsam“, so Bernhard. Ohne politischen Druck von Außen lasse sich kein grundlegender Politikwechsel erreichen. 
Wie groß der Mangel an Wohnraum ist, kann so ganz genau niemand sagen. Sicher ist nur: Selbst wenn die Preisklassen der vorhandenen Wohnungen den Einkommen der Haushalte entsprächen, gäbe es nicht genug. Die Zahl der zu gründenden und bereits vorhandenen Haushalte sei um zwei Prozent höher als die Zahl der Wohnungen, sagte Kai-Ole Hausen von der Arbeitnehmerkammer unter Berufung auf das statistische Landesamt. 
Was zunächst nach „fast genug“ klingt, ist deshalb ein Problem, weil die meisten Wohnungen hochpreisig sind. Dem Berliner Stadtsoziologen Andrej Holm zufolge wird das auch so bleiben, solange sie in privater Hand sind. Billigen Wohnraum zu erschließen, würde sich für Investoren nicht lohnen, sagte er auf der Konferenz – „die machen Profit oder pleite“. 
Diesem Zwang sei auch die Gewoba, Bremens einzige nicht privatisierte Wohnungsbaugesellschaft, unterworfen. Die sei immerhin eine Aktiengesellschaft und könne ihr Geld nicht einfach wohltätig verteilen. Die Linkspartei würde sie darum am Liebsten in eine Anstalt öffentlichen Rechts umwandeln. Diese Geschäftsform entspräche noch am ehesten demokratischen Vorstellungen, sagt Konferenz-Teilnehmer Rouzbeh Taheri von der Berliner „Initiative Neuer Kommunaler Wohnungsbau“.
Damit wären zwar längst nicht alle Probleme gelöst – aber entschärfter als bei Privatunternehmen wie der Deutschen Annington. Die wird nach der geplanten Übernahme der Gagfah etwa 11.000 ehemals öffentliche Wohnungen in Bremen besitzen. „Eigentlich müsste man die enteignen“, sagte Taheri. Doch dafür seien keine politischen Mehrheiten in Sicht. 
Es bleibt also bei kleineren Schritten wie der alten Forderung der Linkspartei nach einer Rekommunalisierung der Wohnungen durch Rückkauf. Große Illusionen wollte man sich aber auch über diese politische Stellschraube nicht machen. Denn auf dem Wohnungsmarkt sind gerade Rekordpreise angesagt, während die Wohnungen zu Zeiten des Tiefs privatisiert wurden. 
Auch andere populäre Instrumente kamen nicht gut weg. Die Mietpreisbremse etwa sei ein „Programm zur Befriedigung der Mittelschicht“, sagte Holm. Denn die Mieten auf eine Höhe knapp über dem Durchschnitt zu begrenzen, helfe denen nicht, die unterdurchschnittlich viel verdienen. Und das sind in Bremen eine ganze Menge: 161.000 BremerInnen verdienen weniger als 60 Prozent des bundesweiten Durchschnitts. In keinem anderen Bundesland gelten so viele Haushalte als von Armut bedroht. Das Problem betrifft hier viele Menschen, auch wenn Gentrifizierung in Bremen bisher noch weniger ausgeprägt ist als etwa in Hamburg oder Berlin, sagte Claudia Bernhard.
Aktionen auf der Straße wie der Rundgang am Samstag sollen Druck auf die Politik ausüben. Das sei unverzichtbar, sagt Holm, weil sich die meisten Strategien darauf beschränken, auf Recht, Politik oder Geld zu hoffen – „alles Mittel, die gesellschaftlich nicht zu unseren Gunsten verteilt sind“, so Holm. 
An der Verteilungsfrage haben ein paar der DemonstrantInnen bereits vor sechs Wochen gerüttelt. Da hatten sie versucht, ein Haus in der Neustadt zu besetzen und es nach einem Verhandlungsangebot des Eigentümers freiwillig geräumt (taz berichtete). Als das verabredete Treffen dann aber nicht zustande kam, hatten sie vergangene Woche angekündigt, beim nächsten Mal „konsequenter zu sein“.

Redebeiträge

Dies sind die Redebeiträge, die an den sechs Stationen des ersten demonstrativen Stadtrundgangs am 13.12. vorgetragen wurden:





Wem gehört die Stadt?!


(AG Soziale Kämpfe der IL Bremen (Avanti))


Wir wollen zu Beginn unseres gemeinsamen Rundgangs ein paar Worte zu der Frage verlieren, warum sind wir heute überhaupt hier? Wenn du gerade in Bremen eine Wohnung suchen musst, erfährst du am eigenen Leib, nach welchen Prinzipien der Wohnungsmarkt auch hier funktioniert: Je nachdem, wieviel Geld du hast, kannst du dir aussuchen, wo und zu welchen Bedingungen du lebst – oder eben nicht.Das ist aber auch erst einmal nur folgerichtig: In einer Gesellschaft, in der Wohnungen als Ware wie jede andere auch gehandelt werden, kommt es zwangsläufig zu einem Verdrängungswettbewerb: Im Sinne des größtmöglichen Profits werden die Innenstadt–nahen Viertel zu Luxus-Wohnraum für Wohlhabende umgewandelt, für ärmere Teile der Bevölkerung ist nur noch am Rand der Stadt – in Blumenthal, Osterholz, Huchting usw. Platz – wenn überhaupt. Die Jobcenter tun dann noch ihr Übriges, um immer mehr Menschen durch die völlig unrealistischen Mietobergrenzen an den Rand der Stadt zu drängen – sie tragen aber auch dazu bei, durch ihr Vorgehen Menschen in die Obdachlosigkeit zu treiben. Auch für Geflüchtete ist die Wohnungssuche fast aussichtslos, den meisten bleiben nur die überfüllten Massenunterkünfte.


Aber: das ist nicht der natürliche Lauf der Dinge – wie man es uns weismachen will! Wohnungen müssen keine Ware sein und Wohnungen dürfen keine Ware sein! Die Wohnungssituation ist nicht das Ergebnis eines natürlichen Prozesses, sondern von politischen Entscheidungen in den vergangenen Jahrzehnten. Viele der heutigen Probleme in Bremen sind hausgemacht – vor allem durch den Verkauf kommunaler Wohnungsbestände* und den Verzicht auf eine vorausschauende Wohnungspolitik für einkommensarme Teile der Bevölkerung: Angefangen beim Teerhof, bei der Bebauung z.B. in der Überseestadt, Habenhausen oder auf dem Stadtwerder, können wir genau sehen, für wen sich zuerst die rot–schwarze – und seit 2007 die rot–grüne Wohnungspolitik engagiert. Für Groß–Investoren wird der rote Teppich ausgerollt. In den kommunalen Wohnungsbau ist dagegen seit den 90er Jahren praktisch nicht mehr investiert worden.


Dass nun auf Seiten des Senats plötzlich von einer „neuen Wohnungsnot“ und „zu wenig bezahlbarem Wohnraum“ gesprochen wird, klingt da schon fast wie blanker Zynismus. Tatsache ist, dass diese neuen Töne vor allem auf politischen außerparlamentarischen Druck – da möchte ich das Aktionsbündnis Menschenrecht auf Wohnen hervorheben – aber auch parlamentarischen Druck von der linken Opposition – zurückzuführen sind. Die 25%ige Sozialwohnungsquote ist ein Ergebnis dieses Drucks. Aber auch diese Quote ist nur scheinbar eine Ideal–Lösung: Sie kommt nur bei zukünftigen Großprojekten auf öffentlichem Grund zur Anwendung. Sie kann überhaupt nicht die Wohnungsbestände ausgleichen, die jedes Jahr aus der Sozialbindung herausfallen. Sie hat Mieten als Grundlage, die weit über den vom Jobcenter genehmigten Mietobergrenzen liegen. Und schließlich dient sie vor allem dazu, Bauunternehmen ihre Gewinne zu sichern. Und trotzdem haben Investoren bereits klar gemacht: Für uns rechnet sich das nichts. Gewinn gibt es eben nie genug. Deshalb versuchen sie die Quote zu umgehen, wo sie nur können.

Der Senat bemüht sich bei den großen Bauvorhaben um politischen Konsens. Doch der bröckelt zunehmend: Immer mehr Menschen merken, dass die Angebote zur Bürgerbeteiligung hauptsächlich die politischen Entscheidungen legitimieren sollen, die aber letztlich den Interessen an lukrativer Wohn– oder Geschäftsbebauung dienen. Das gilt zum Beispiel für die Bebauung von öffentlichen Plätzen. Stadtteil–Initiativen organisieren sich, entweder um den Bau günstiger Wohnungen durchzusetzen – oder um Plätze als lebendigen und sozialen Ort oder Grünflächen als Erholungsort in ihrem Stadtteil zu erhalten.


Wir als Netzwerk wollen die teilweise ganz unterschiedlichen Schwerpunkte zusammen bringen. Wenn es den einen von uns darum geht, Freiflächen als Teil des öffentlichen Raums zu erhalten und den anderen sich für die Schaffung von bezahlbaren Wohnungen einzusetzen – ist das erstmal scheinbar ein Widerspruch, der sich auch nicht einfach aufzulösen ist. Doch wenn die Stadtpolitik die Priorität setzt, erst mal die Interessen von Investoren am Bau von Luxuswohnungen oder immer weiteren Einkaufsmöglichkeiten zu befriedigen, bleibt natürlich sowohl für bezahlbaren Wohnraum als auch für Plätze als sozialer Ort immer weniger Raum. Eines eint uns – und das reicht um heute zusammen auf die Straße zu gehen: wir wollen eine ganz andere Stadtpolitik! Mit unserem demonstrativen Stadtrundgang, mit allen unseren sichtbaren Forderungen wollen wir zeigen: Eine wirklich soziale Stadtpolitik darf nicht an Profit–Interessen ausgerichtet sein! Die Bedürfnisse der Menschen müssen im Vordergrund stehen! Wohnen ist ein Grundbedürfnis! Zentrale Forderungen sind deswegen: Wohnung darf keine Ware sein! - Bezahlbarer Wohnraum für alle! - Stadtteile brauchen Orte gemeinschaftlichen Lebens und grüne Oasen!

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Der Bahnhofsvorplatz: „Investorengrundstück"


(Christoph Spehr für DIE LINKE)


Das Thema „Wem gehört die Stadt?“ lässt sich am Bahnhofsvorplatz exemplarisch zeigen. Es wird hier bereits seit über 100 Jahren ausgefochten. Auf dem heutigen Bahnhofsvorplatz stand damals, 1877 eröffnet, eine Badeanstalt: Das Breitenwegbad, später Öffentliche Badeanstalt. Der Bahnhof befand sich damals noch nicht an der heutigen Stelle, sondern ein Stück weit westlich davon. Als 1885-1889 dann der alte Bahnhof abgerissen und ein Stück weiter östlich der neue „Centralbahnhof“ gebaut wurde, lag die Badeanstalt plötzlich genau gegenüber. Und sofort begann die Debatte: „Das geht doch nicht.“ Der Platz gegenüber vom Bahnhof, ein so herausgehobener und ökonomisch vielversprechender Platz, sei doch kein Ort für ein Volksbad.


Die Nazis machten 1940 eine Planung für diesen Bereich, die vorsah, das Volksbad abzureißen. Stattdessen sollte auf dem Bahnhofsvorplatz ein Kraft-durch-Freude-Hotel entstehen – und ein Bürohochhaus. Durch den Krieg kam es nicht mehr dazu, aber die Pläne lagen in der Schublade.


Zum Ärger der Stadtplaner wurde das Volksbad im Krieg zwar beschädigt, aber nicht zerstört. Und so setzte nach 1945 erneut die Diskussion ein, dass der Bahnhofsvorplatz doch repräsentativer genutzt und „aufgewertet“ werden müsste. Das Bad wurde abgerissen, und es begann die Suche nach einem Investor für den Platz. Es fand sich aber keiner. Der Platz wurde immer wieder dafür hergerichtet. Die Kiefert-Wurstbude verschwand vom Bahnhofsvorplatz, der „Opel-Turm“ auch – aber immer noch wollte niemand in die gewünschte repräsentative Aufwertung des Platzes investieren.


Die Große Koalition in Bremen 1995-2007 verstärkte die Anstrengungen, den Platz zu verkaufen, aber weiterhin ohne Erfolg. Der damalige Bausenator Jens Eckhoff ließ dann eine Skater-Bahn als Zwischennutzung auf dem Platz errichten. So entwickelte sich die Nutzung, die den Bahnhofsvorplatz prägte. Die Skater nutzten ihn, die Suppenengel schenkten dort Suppe für Bedürftige aus, jeden Tag gingen 100.000 Passanten über den Platz. Jugendliche trafen sich hier, es fanden hier Demos und Kundgebungen statt. Es war ein öffentlicher Freiraum.



Wenn man sich die Nutzungen ansieht – die reale und die von der Stadtplanung erwünschte – dann wird die Frage „Wem gehört die Stadt“ daran ganz konkret. Genutzt haben ihn Pendler, Jugendliche, Demonstranten, alle. Erwünscht war dagegen eine Nutzung durch zahlungskräftige Touristen und Geschäftsleute. Man sieht das auch an den Funktionen, die jeweils abgebildet werden. Der Platz war geprägt von den Funktionen Aufenthalt im öffentlichen Raum, Freizeit, Treffpunkt, soziale und politische Aktionen. Das sollte verdrängt werden zugunsten der Funktionen Hotel, Tiefgarage, Büroarbeit, Arztpraxen. Das ist die Verdrängung der breiten Bevölkerung durch zahlungskräftige Personenkreise, die man als Gentrifizierung bezeichnet.


2011 wurde der Platz überraschend verkauft an den Hamburger Bauinvestor Achim Griese und seine „Treuhandgesellschaft“. Der Verkauf wurde maßgeblich betrieben vom damaligen Ortsamtsleiter Mitte, Robert Bücking, der jetzt für die Bürgerschaft kandidiert und schon Ambitionen als neuer Bausenator deutlich machte. Die Öffentlichkeit war geschockt, als Griese die Pläne enthüllte, die der Architekt Max Dudler in seinem Auftrag erstellt hatte. Auf dem Platz soll ein siebenstöckiges Hochhaus entstehen, das den Platz komplett ausfüllt. Gestaltet sein soll dieses Monstrum in dem unangenehmen Monumentalstil, der abweisende Außenansicht mit einer maximalen Ausbeute profitabler Mietfläche verbindet. Wir gehen nachher an der Haltestelle Herdentor vorbei, wo an der Ecke Bahnhofstraße / Herdentorsteinweg ein Neubau von Dudler steht. KPS Grundstücks-GmbH steht da dran. Das ist der Stil des Gebäudes, das auch auf dem Bahnhofsvorplatz entstehen soll – nur viel, viel größer.


Der Skandal war auch, dass der Bahnhofsvorplatz ausgesprochen billig an den Investor verkauft wurde. Die Achim Griese Treuhand zahlte etwa 1000 Euro pro Quadratmeter für die 5.600 qm große Fläche. Wenn das Gebiet um den Bahnhof tatsächlich eine Gentrifizierung und „Aufwertung“ erfahren sollte, können Flächen hier schnell auch das Doppelte und mehr kosten. Das ist das eigentliche Ziel, auf den Investoren spekulieren: Der wirklich große Profit wird nicht durch das Bauen selbst gemacht, sondern dadurch, dass der Grundstückspreis anzieht und man den Grund dann für das Doppelte weiterverkauft. Die Stadt – und das ist das Skandalöse – will das. Der Senat unterstützt eine solche Spekulation, weil er sich die „Aufwertung“ der Gegend erhofft. Die herrschende Politik möchte, dass die bisherigen Nutzer hier verschwinden, dass ein Hochglanz-Areal entsteht, das von Geschäftsleuten, Touristen und zahlungskräftigen Gruppen beherrscht wird. Die Bebauung des Bahnhofsvorplatzes soll der Anschub sein, um die ganze Gegend hier zu gentrifizieren.


Entsprechend gibt es bereits die Diskussionen, man müsse doch jetzt auch mit dem Platz vor dem Überseemuseum „was machen“. Es könne doch nicht sein, dass dort nur eine Grünfläche ist, wo Jugendliche, Leute aus der Drogenszene und Obdachlose herumhängen. Auch hier ist also Vertreibung geplant. Auch das ist Teil der Auseinandersetzung seit sehr langer Zeit. Das Hochhaus, vor dem wir hier stehen, heißt „Tivoli-Hochhaus“, weil hier mal das „Tivoli“ stand, ein beliebtes Ausflugs- und Vergnügungslokal. Das wurde abgerissen und durch den jetzigen Betonklotz ersetzt, in dem das Sozialressort seine Büros hat. Wie man sieht, ist aber der Plan, das Vergnügungsgewerbe aus dieser zentralen Lage zu vertreiben, bis heute nicht so richtig aufgegangen.


Gegen die Bebauung des Bahnhofsvorplatzes entstand eine breite Protestbewegung. Ganz unterschiedliche Gruppen und Initiativen machten dagegen Front. Die LINKE veranstaltete ein öffentliches Protest-Picknick und eine Unterschriftensammlung, Avanti machte eine Platzbesetzung, die Bremer Stuttgart21-Initiative hielt Protestkundgebungen ab. In diesem Jahr gründete sich eine Bürgerinitiative Bahnhofsvorplatz, die über 5.000 Unterschriften gegen die Bebauung sammelte. Es gab mehrere Massenpetitionen und viel Protestbriefe, es gab Anträge und Anfragen der LINKEN in der Bürgerschaft, es gab öffentliche Kritik seitens des ehemaligen Baudirektors Thomas Feldtmann und des Bremer Bauunternehmens Klaus Hübotta.


Diese Protestbewegung ist nicht ohne Erfolg. Dass bislang zwar ein Bauzaun steht, aber kein Bau in Gang kommt, ist auch ihr zu verdanken. Die Baubehörde, die selbst einziehen wollte in das geplante Hochhaus, hat sich aufgrund des Drucks nun doch nicht getraut, dem Investor auch noch selbst die Mietauslastung zu liefern. Gebaut wird bekanntlich erst, wenn 70 bis 80 Prozent der Mietfläche schon vorab fest vermietet sind, und eine Zusage durch das Bauressort hätte dem Investor über diese kritische Grenze geholfen. Aber das wäre angesichts der Proteste denn doch zu offensichtlich gewesen. Als Folge dieser Entscheidung ist nun auch der bisherige Anker-Mieter Accor, der ein Ibis-Hotel im geplanten Hochhaus eröffnen wollte, abgesprungen. Die Chancen des Investors, hier zu einem Baubeginn zu kommen, sind daher momentan so schlecht wie seit 2011 nicht.


Jetzt ist daher der Zeitpunkt, den Druck zu erhöhen und die Rückabwicklung des Verkaufs zu fordern. Die Stadt kann den Vertrag rückabwickeln, wenn drei Jahre nach erteilter Baugenehmigung kein fertiges Gebäude steht. Die Baugenehmigung wurde im Mai 2013 erteilt, und es ist klar, dass im Mai 2016 hier kein fertiges Gebäude stehen wird – die ambitioniertesten Planungen des Investors gingen zuletzt von einer Fertigstellung Ende 2016 aus. Die Stadt könnte daher eine Rückabwicklung schon jetzt anbieten und durchsetzen. Dafür gilt es jetzt Druck zu machen. Es gilt, diesen Platz der Spekulation und der Gentrifizierung zu entreißen, und ihn wieder für die Allgemeinheit zurückzuholen. Der Bahnhofsvorplatz muss ein öffentlicher Raum bleiben!

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Wo bleibt Platz für Geflüchtete?


(Flüchtlingsini Bremen)

In Bremen gibt es eine Zentrale Aufnahmestelle für Geflüchtete und mittlerweile ca. 14 sogenannte Übergangswohnheime, also Sammelunterkünfte. Zusätzlich sind noch eine Reihe von Hotels für die Unterbringung Geflüchteter angemietet.
Insgesamt ist eine Zahl von knapp 1650 Geflüchteten im Stadtgebiet Bremen verteilt.
In den letzten Jahren sind einige positive Dinge in Bezug auf Sammelunterkünfte passiert in Bremen. So ist die Dauer des Zwangs in einer solchen Unterkunft zu leben, erst von 3 Jahren auf 1 Jahr und schließlich auf 3 Monate herunter gesetzt worden. Durch die Arbeit und den Druck, den unter anderem antirassistische Gruppen und Vereine auf die Politik ausgeübt haben, wurde der Stadt 2011 eine Zusage abgerungen, bestehende Übergangswohnheime zu schließen und stattdessen mehr auf sozialen bezahlbaren Wohnraum zu setzen. 
Schon kurze Zeit nach dieser politischen Zusicherung, wurde jedoch deutlich, dass sie nicht eingehalten werden wird, sondern neue Übergangswohnheime in verschiedenen Stadtteilen von Bremen geplant wurden und auch weiterhin geplant werden.
So hat sich die Anzahl seit 2011 fast vervierfacht, so dass es heute 14 Sammelunterkünfte gibt. Der Grund für den Bau oder auch Umbau von Immobilien ist die gestiegene Zahl Geflüchteter, sagt die Politik. Die Zahl der Menschen, die hierher kommt steigt, das stimmt, doch müssen deshalb auch tatsächlich mehr Unterkünfte gebaut werden und Menschen weiterhin gezwungen werden darin zu wohnen?
Wer intensivere Unterstützung oder Orientierung braucht, soll diese bekommen, keine Frage! Aber dieser Bedarf kann doch nicht der Einfachheit halber darin münden, dass alle Geflüchteten gezwungen werden in Sammelunterkünften zu leben! 
Man kann sagen, dass einiges in Bremen besser läuft als in Bayern, in NRW oder Niedersachsen. Doch ist denn das die Maßgabe? Nützt diese Selbstbeweihräucherung, die in dieser Stadt allerorten stattfindet, auch nur einer Person, die es bis hierher geschafft hat? Die Lebensbedingungen in einer Sammelunterkunft wurden schon oft thematisiert. In der Zeitung und im Internet liest man laufend davon. 
Auch wenn es mittlerweile einiges an ehrenamtlichem Engagement gibt, sich manche Unterkünfte auch Innenstadt nah befinden und die Heimleiter und -leiterinnen sich bestimmt rund um die Uhr um Menschen kümmern, bleiben diese Übergangswohnheime Sammelunterkünfte. Alle Menschen, die hier einen Asylantrag stellen, sind gezwungen darin zu wohnen. Wer Freundinnen oder Bekannte hat, die in einer solchen Unterkunft wohnen oder gewohnt haben, weiß, was dies für ein Stigma sein kann. Wer die Nachrichten verfolgt, weiß, dass diese Sammelunterkünfte immer wieder Ziel für rassistische Hetze und rechtspopulistische Bürgerinitiativen sind. Wer die Arbeit der Ausländerbehörde kennt, weiß, dass Menschen in Sammelunterkünften besser kontrollierbar, erreichbar und schließlich dadurch auch leichter abzuschieben sind.
Lange kann man sich streiten über die Architektur dieser Unterkünfte, die geringe Zahl der Beschäftigten in dem Bereich, die schlechte Verkehrsanbindung oder über die Gefährdung des Kindeswohls, wenn Minderjährige zu lange in der Zentralen Aufnahmestelle bleiben. Solche verbessernden Maßnahmen ändern aber nichts an der Tatsache, dass Menschen gezwungenermaßen darin wohnen! 
Wer profitiert eigentlich von Sammelunterkünften?
Könnte es die Sammelunterkünfte überhaupt geben, wenn sich die AWO oder der ASB weigern würden, die Aufträge sie zu betreiben auch anzunehmen?
Sammelunterkünfte sind also auch Business. Ein Geschäft, in dem wie in allen anderen Bereichen auch, ein unkontrolliertes florierendes Subunternehmertum gefördert wird. Die Nahrungsversorgung, die Reinigung der Räumlichkeiten, Hausmeistertätigkeiten oder auch wie zuletzt extrem negativ aufgefallen, die Sicherheitsdienste werden über Subunternehmen organisiert. 
Aber nochmal, auch wenn die Häuser grün oder rot gestrichen sind, es einen netten oder gewalttätigen Sicherheitsdienst gibt, es gutes oder schlechtes Essen gibt: Es sind und bleiben Sammelunterkünfte! Sammelunterkünfte sind Teil einer rassistischen Sondergesetzgebung. Diese Sondergesetze gelten für alle Menschen, die keinen deutschen Pass haben. Das Aufenthaltsgesetz richtet sich nach, ich zitiere „den wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland“. Humanitäre Aufenthalte sind so gesehen nur schmückendes Beiwerk.
Der Zugang zu existenziellen Ressourcen wird Menschen ohne deutschen Pass systematisch verwehrt oder erschwert. Bleiberechtsregelungen und Familiennachzug z.B. sind an die ökonomischen Verhältnisse der Personen geknüpft.

Die Grundlage für ein Leben ohne deutschen Pass hier in Deutschland ist also eine Mischung aus kapitalistischer Verwertungslogik und Rassismus.
Viele migrantische Communities und Netzwerke weltweit kämpfen für gleiche Rechte. Damit kämpfen sie auch gegen den Zwang der Integration. Die viel beschworene Integration, über die immer wieder die Einteilung in gute und schlechte Migrant_innen vorgenommen wird. Über die eine klare Hierarchisierung zwischen denen mit deutschen Pass und denen ohne erzwungen wird.
Auch die Kämpfe und Forderungen von Geflüchteten für Bewegungsfreiheit und Bleiberecht sind als Selbstermächtigung zu verstehen. 
Eins soll hier unmissverständlich gesagt werden:
Die Forderung nach Rechten ist kein Appell an den Staat und an die von ihm gemachten Gesetze. Wer Rechte fordert, fordert keine Gesetze, sondern stellt diese zunächst mindestens einmal in Frage. 
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Forderungen an den Staat, diesen nur legitimieren und selten eine Veränderung eintritt. Da ein Staat in rassistische Strukturen eingebettet ist und diese für sich selbst notwendigerweise reproduziert, wird man mit derlei Forderungen niemals die Rahmenbedingungen verändern.
Viel zu oft nehmen wir nicht wahr, dass es migrantische Netzwerke gibt. Wir nehmen nicht wahr, dass es schon lange Menschen gibt, die sich organisieren und Grenzen überschreiten. Die Grenzen zwischen Marokko und Spanien, die zwischen Mexiko und den USA oder die Grenzen der Residenzpflicht hier in Deutschland! Wer gegen Rassismus ist, den sollte es doch inspirieren, dass durch solche Grenzüberschreitungen rassistischen Strukturen die Grundlage entzogen wird. So nehmen sich Migrant_innen längst faktisch die Rechte, die ihnen zustehen sollten. 
Lasst uns diese selbstorganisierten Kämpfe unterstützen und von ihnen lernen!
Lasst uns Verbündete suchen und gemeinsam Grenzen überschreiten!

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Bürgerbeteiligung geht anders!



(Bürgerinitiative Waller Mitte)

- wird nachgetragen

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Wohnen ist Menschenrecht und dennoch: 700 Obdachlose in Bremen


(Aktionsbündnis Menschenrecht auf Wohnen)

Mein Name ist Harald Schröder, Diakon und Streetworker, Mitbegründer des Aktionsbündnisses für Menschenrecht auf Wohnen.
In Bremen ist die Situation auf dem Wohnungsmarkt schon seit Jahren sehr angespannt. Mietwohnungen sind kaum zu bekommen. In dieser Stadt fehlen 15.000 Wohnungen. So kommt es dazu, dass Wohnungssuchende gegeneinander in einem enormen Verdrängungswettbewerb sind, bei dem Menschen mit geringem Einkommen die Verlierer sind. 
Ohne Wohnung, obdachlos sind in Bremen ca. 700 Bürgerinnen und Bürger. 250 Obdachlose sind in Notunterkünften untergebracht, damit sind in Bremen alle Betten für akute Notfälle belegt. Unversorgt sind mehr als 400 obdachlose Frauen und Männer die in dieser Stadt derzeit auf der Straße leben müssen. Sie schlafen unter Brücken, in Hauseingängen und Autos oder kommen bei Freunden und Bekannten in ungesicherten Wohnverhältnissen unter. 
Es gibt kaum öffentliche Räume die auch Obdachlosen frei zugänglich sind. Obdachlosigkeit ist Abschiebung ins Abseits. Ein Citymanager spricht das öffentlich aus:
»Obdachlose sind wie Graffitis und Taubenkot kein Anblick, der zur Steigerung von Attraktivität und Kaufkraft beiträgt. Sauberkeit, Sicherheit und Ordnung auf den Straßen sind die wichtigsten Ziele der Innenstadt. Hauptsache, die Obdachlosen sind weg!«
Hier wird ein Gedanke ausgesprochen der vielen Geschäftsleuten und manchen Politikern durch den Kopf geht: Wie können Obdachlose, Bettler, Suchtkranke am effektivsten von den Einkaufs- und Flaniermeilen ferngehalten werden, um eine konsumfreundliche Atmosphäre zu schaffen, in der niemand ein schlechtes Gewissen haben muss, nur weil er besser situiert ist als diese störenden Randgruppen. 
In mehreren Kaufhäusern in der Bremer Innenstadt: An den Eingängen sind Kameras angebracht und im Haus ist Sicherheitsdienst unterwegs. Solche Einkaufscenter sind zwar frei zugänglich, aber nur für die Personen, die erwünscht sind. Es wird nicht jeder Kunde geprüft, aber Obdachlose und erkennbar Arme werden mit Hausverbot des Hauses verwiesen. Somit können Menschen die auf der Straße lebe keine Toiletten in Kaufhäusern aufsuchen, sie werden schon am Betreten des Hauses gehindert und mit Hausverboten vertrieben. Obdachlose sind wie die Stadtmusikanten: arm – arbeitslos – abgeschoben – ausgeschlossen !!!
Wir stehen vor dem Swissotel, hier kostet eine Übernachtung in der Suite mehr als ein Obdachloser vom Gesetzgeber an Lebensunterhalt für einen gesamten Monat zugewiesen wird.
Mein Name ist Sven Anbergen, in den vergangenen Jahren bin ich mehrfach obdachlos geworden. Ich bin beim Aktionsbündnis Menschenrecht auf Wohnen aktiv.
Wir blicken von hier auf die Wallanlagen, Bremens schöner Park, die ´grüne Lunge` der Innenstadt. Und die Wallanlagen sind auch Aufenthaltsquartier und Schlafplatz von Menschen die in Obdachlosigkeit leben müssen,
  • ohne Räume und Heizung;
  • ohne Bett, Tisch und Stuhl;
  • ohne Trinkwasser und Toiletten;
  • ungeschützt und öffentlich.
Ein Obdachloser der in den Wallanlagen gewohnt hat ist im November gestorben. Damit keine Spuren von ihm bleiben sind im Auftrag der Behörde seine Sachen aufgeladen und weggeschmissen worden. 
Uns gegenüber in den Wallanlagen steht auch ein Denkmal für Bürgermeister Wilhelm Kaisen. Um die Wohnungsnot im ausgebombten Bremen zu lindern, erließ Bürgermeister Kaisen eine Notverordnung. Fast ohne Rücksicht auf bürokratische Vorgaben, sollte jeder ein Haus bauen, der es könne. Hunderte kleiner Wohngebäude entstanden daraufhin in Bremer Kleingartenkolonien. Zehntausende Menschen lebten in der Nachkriegszeit in solchen Kaisenhäusern. Angesichts des Wohnungsnotstandes in Bremen braucht es jetzt ein neues Initiativprogramm wie die „Kaisen-Häuser“.
Der gehäufte Besitz von Mietwohnungen hat den Zweck größtmöglichen Profit abzuschöpfen. Tausenden Menschen mit geringem Einkommen gelingt es nicht mehr, eine menschenwürdige und bezahlbare Wohnung zu bekommen – für sie sind Mietwohnungen Mangelware, denn in Bremen fehlen 15.000 Wohnungen.
Obdachlosigkeit ist keine frei gewählte romantische Lebensform sondern systembedingte Folge des Wohnungsnotstandes. 
Mein Name ist Pete Ording. Ich bin beim Aktionsbündnis Menschenrecht auf Wohnen aktiv.
Die Unterbringung in den 250 Notunterkunftsplätzen hat den jährlichen Preis von mehr als 4 Millionen €. Für die Unterbringung aller ca. 700 Obdachlosen in Bremen in Mietwohnungen samt Heizkosten würde jährlich etwa insgesamt 3 Millionen € kosten.
Notunterkünfte und Obdachlosigkeit sind teurer als reguläre Mitwohnungen. Es ist ein Unding, dass etwa 100 Immobilien die im Besitz der Stadt Bremen sind leer stehen. Es ist ein absolutes Unding, dass in Bremen 700 Bürgerinnen und Bürger obdachlos und gleichzeitig 100 Immobilien der Stadt Bremen ungenutzt leer stehen. Wir klopfen beim Senat an und fordern die Öffnung des Leerstandes für Menschen die wohnungslos sind. Es ist ein Skandal, dass es in Bremen Obdachlosigkeit gibt und gleichzeitig Immobilien die der Stadt Bremen gehören leer stehen. 
In Artikel 14 der Bremer Landesverfassung heißt es: „Jeder Bewohner der Freien Hansestadt Bremen hat Anspruch auf eine angemessene Wohnung. Es ist Aufgabe des Staates und der Gemeinden, die Verwirklichung dieses Anspruches zu fördern.“
Artikel 13 der Bremer Landesverfassung ruft uns zu, dass Eigentum gegenüber der Gemeinschaft verpflichtet. Sein Gebrauch darf dem Gemeinwohl nicht zuwiderlaufen. Eigentum darf zu Zwecken des Gemeinwohls entzogen werden.
In Bremen fehlen 15.000 Wohnungen, der Wohnungsnotstand und der Skandal systembedingter Obdachlosigkeit in Bremen ruft nach einem Initiativprogramm wie einst die „Kaisen-Häuser“. Die Not jeder und jedes Obdachlosen ruft nach Besetzung und Enteignung von Wohnungsleerständen in allen Stadtteilen – jetzt !!!

Harald Schröder, Diakon und Streetworker in der Bremer Innenstadt;
Sven Anbergen, Bremer Aktionsbündnis für Menschenrecht auf Wohnen;
Pete Ording, Bremer Aktionsbündnis für Menschenrecht auf Wohnen;

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Größer, profitabler, einheitlicher: Warum wird der Lloydhof abgerissen?


(AAA Autonomes Architektur Atelier)

Was passiert am Lloydhof? (Warum wird der Lloydhof abgerissen?)

Der Lloydhof wird gemeinsam mit dem Parkhaus Brill an einen Investor verkauft, der dann diese beiden Gebäude abreißen und an ihrer Stelle ein größeres Innenstadt Shopping Center mit 25.000m² Verkaufsfläche, mehreren tausend m² Bürofläche und 100 Wohnungen sowie einer Tiefgarage über drei Etagen errichten wird. Die Entwürfe sehen ein Gebäude vor, das im Erdgeschoss die vorhandene Wegestruktur aufnimmt und zusätzlich eine bessere Verbindung zum Brill ermöglicht.

Warum wird in der Innenstadt (noch mehr) Verkaufsfläche geschaffen?

Ein Gutachten des Wirtschaft- und des Bausenators hat ermittelt, dass es der Bremer Innenstadt im Vergleich zu anderen Großstädten an innerstädtischen Verkaufsflächen ca. 45.000m² und im speziellen großen Verkaufsflächen (>1.500m²) mangelt. Auch haben Gutachten das Fehlen relevanter Einzelhandelsmarken (z.B. Zara) ermittelt, die als Frequenzbringer ein Muss für moderne Innenstädte sind. Im Wettbewerb mit den Nachbarstädten (Hamburg, Hannover, aber vor allem Oldenburg und Osnabrück) wird dies als unerlässlich zur Stärkung der Bremer Innenstadt angesehen.

Hat Bremen denn wirklich so wenig Verkaufsfläche?

Nein, denn es gibt dezentral riesige Verkaufsfläche direkt auf Bremer Gebiet (Waterfront (>40.000m²), Weserpark (>60.000m²), Roland Center (30.000m²)) als auch an der Peripherie (Factory Outlet Center Brinkum 18.000m²) oder Dodenhof (120.000m², allerdings mit Möbelhaus) bei Posthausen an der Autobahn. Eine weitere Schaffung von Angeboten in der Innenstadt kann nur zu Lasten der anderen Einkaufszentren, der Nachbarstädte oder kleinerer Einzelhändler geschehen. Nebenzentren wir das Walle Center, das Hansa Karree oder das Werder Karree verzeichnen schon jetzt Leerstände.

Wer wird die Verkaufsfläche im neuen Einkaufscenter nutzen?

Vornehmlich die großen Ketten, kleine Ladeninhaber und lokale Betreiber sind in den Einkaufszentren die absolute Ausnahme. Ähnlich anderen Einkaufszentren wird der Öffentliche Raum im Einkaufszentrum privatisiert, überwacht und kontrolliert sein. Das Angebot schafft eine Insellösung, die eine Anreise mit dem Auto ermöglicht und von Freizeit, Essen bis Konsum alles im Inneren schafft, so dass das Verlassen des Einkaufszentrums fast unnötig wird. Mit der Schaffung eines Anteils von geförderten Wohnungen wird zumindest hier ein Ausgleich für die wegfallenden Wohnungen geschaffen.

Brauchen wir das wirklich? Was passiert, wenn der Investor abspringt?

Dass jeder Euro nur einmal ausgegeben werden kann, ist klar. Der Bau immer größerer Shopping Center trägt also vielmehr dem Gedanken Rechnung, dass Einkaufen immer stärker zu einem Erlebnis aufgeladen wird. Aus einer Notwendigkeit wird eine Freizeitbeschäftigung. Je mehr gekauft wird, um so größer das Erlebnis. Nachhaltiger Konsum sieht anders aus und wird schon jetzt im Lloydhof praktiziert.
Sollten die Investoren abspringen, momentan sieht es allerdings nicht so aus, säße die Stadt auf dem Lloydhof, den sie für über 20 Millionen € gekauft hat. Es wäre dann aber möglich, die hier angesiedelten ZwischennutzerInnen in eine Dauernutzung zu begleiten.

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Bebauung Häschenstraße


(Felix P., DIE LINKE)

- wird nachgetragen

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Freiraum Lucie-Flechtmann-Platz


(Initiative Ab geht die Lucie)

Der Lucie-Flechtmann-Platz wurde 2001 von der Stadt Bremen gekauft. Er dient als Ausgleichsfläche für den ehemaligen Grünenkamp, einem belebten öffentlichen Platz, der damals an Beck´s verkauft wurde. 2003 wurde der Lucie-Flechtmann-Platz eingeweiht, nachdem er für eine Million Euro so hergerichtet worden war, wie wir ihn heute sehen: Grau und unansprechend aber dafür pflegeleicht gestaltet, mit teurem Pflaster versiegelt, nicht barrierefreie Ziertreppen, obwohl der direkte Nachbar des Platzes auch damals schon ein Altersheim mit 160 Bewohnern und Bewohnerinnen war und ohne Wasser oder Stromanschluss. Dieser Platz sollte als öffentlicher Frei- und Erholungsraum in der dicht bebauten Alten Neustadt dienen. Stattdessen hat er 10 Jahre lang brach gelegen, als ein häßliches 1-Million-Euro-Grab in der Bremer City.

2013 wurde der Gemeinschaftsgarten „Ab geht die Lucie“ gegründet und aus dem Lucie-Flechtmann-Platz wurde die Lucie. Mit geringen finanziellen Mitteln aber mit viel Zeit und Arbeitseinsatz haben sich Anwohnerinnen den Platz angeeignet und nutzbar gemacht. Seitdem ist täglich Leben auf der Lucie. Der Platz ist ein Begegnungsort eine Plattform für städtisches Miteinander geworden. Das verdeutlicht, wie groß der Bedarf nach Freiraum in der Stadt tatsächlich ist. Hier musste nur ein Anfang gemacht werden, hin zu einer menschenfreundlichen statt der pflegeleichtesten Gestaltung.

Wir Lucies fordern daher eine Umgestaltung dieses Platzes. Die Fläche soll entsiegelt und die Lucie zu einem Experimentierfeld werden: für eine zukunftsfähige Stadtentwicklung, in der die Bewohnerinnen ihr Lebensumfeld selbst gestalten können!

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Sonntag, 14. Dezember 2014

Das war der erste demonstrative Stadtrundgang!

Ungefähr 130 Personen nahmen am Samstagnachmittag an einem demonstrativen Stadtrundgang des Netzwerkes „Recht auf Stadt“ teil. Unter dem Motto „Wem gehört die Stadt?“ führte der Rundgang vom Bahnhofsvorplatz zum Lucie-Flechtmann-Platz in der Neustadt. Die Veranstaltung sollte auf Probleme der Stadtentwicklung aufmerksam machen, wie steigenden Mieten, Obdachlosigkeit oder fehlende Mitspracherechte bei Bauvorhaben. Aus Sicht der Veranstalter liegt der Grund dafür in einer Stadtpolitik, die wirtschaftliche Interessen vor die Bedürfnisse ihrer Bewohner stelle. Das Netzwerk „Recht auf Stadt“ ist ein Zusammenschluss unterschiedlicher Initiativen und Gruppen, die sich kritisch mit der gegenwärtigen Stadtentwicklung auseinandersetzen.

Ca. 150 DemonstrantInnen in der Obernstraße


In kurzen Redebeiträgen kritisierten RednerInnen von unterschiedlichen Initiativen verschiedene Aspekte der Stadtentwicklung. Ein Eingangsstatement der Interventionistischen Linken am Tivoli-Hochhaus wies auf die politische Verantwortung an der Stadtentwicklung hin: „...wenn es die Priorität der Stadtpolitik ist, erst mal die Interessen von Investoren am Bau von Luxuswohnungen zu befriedigen, ist es klar, dass sowohl für öffentliche Plätze als auch für bezahlbaren Wohnraum weniger Platz da ist.“ 


In einem weiteren Beitrag zur Bebauung des Bahnhofsplatzes meinte Christoph Spehr: „Die Stadt setzte den Verkauf 2011 gegen massiven Protest durch und erhofft sich davon eine Aufwertung der Bahnhofsvorstadt – mit höheren Mieten, höheren Bodenpreisen und gehobenem Klientel.“ 

Christoph Spehr von DIE LINKE am Bahnhofsvorplatz über das "Investorengrundstück"

Bei einer Zwischenstation vor dem Bremer Bausenat kritisierte eine Sprecherin der Bürgerinitiative Waller Mitte die mangelnde Bürgerbeteiligung bei Bauprojekten in Bremen: „Nach einem von allen Seiten im Beteili­gungsprozess akzeptierten Kompromiss mit 40 Wohneinheiten am Rand des Platzes ignorierte die Baubehörde die gemeinsame Lösung und legte trotz heftiger Proteste eine Planung mit mehr als doppelt so großer Baufläche vor.“ 

Bürgerbeteiligung geht anders! Die Initiative Waller Mitte berichtet vorm Siemens Hochhaus vom gescheiterten Beteiligungsprozess um den Dedesdorfer Platz.
In weiteren Beiträgen gingen die RednerInnen auf die Situation der ca. 700 Obdachlosen in Bremen ein. Die nur 250 Plätze in Notunterkünften sind immer belegt und reichen nicht aus. Es gab bereits den ersten Kältetoten diesen Winters 2014/15. Gleichzeitig gibt es viel Leerstand vor allem in Bürogebäuden - wie kann das sein?!

Das Aktionsbündnis Menschenrecht auf Wohnen berichtet über die Situation von 700 Obdachlosen. Hier: Herdentor, Eingang zu den Wallanlagen.




Auch für geflüchtete Menschen gibt es keine angemessenen Unterkünfte. Die traumatisierten Menschen werden in Sammelunterkünften zusammengepfercht. Die Bremer Flüchtlingsini fragt: Kann man die momentanen Bedingungen nur verbessern oder gibt es Alternativen im Umgang mit Geflüchteten, die sich nicht von (finanziellen) Sachzwängen begrenzt sind?




Bei einer Zwischenstation in der Häschenstraße kritisierte Felix Pithan von der Linkspartei die dortige Bebauung mit Luxuswohnungen: „Keine hundert Meter von der alten Weser entfernt baut die Weser Wohnbau GmbH 19 Eigentumswohnungen mit eleganten Wohnkomfort. Rein zufällig ist das eine Wohnung zu wenig, um unter die vorgeschriebene Quote von 25% Sozialwohnungen bei Neubauprojekten zu fallen.“ 


Häschenstraße: Wohnraum nur für die Einkommenstarken? Felix P. von DIE LINKE fordert kommunalen Wohnungsbau ... 


... statt 19 Großflächige Wohnungen zu bauen, um die Quote von 25% Sozialwohnungen zu umgehen, die ab dem Bau von 20 Wohnungen vorgeschrieben ist.

Der Rundgang ging am Lucie-Flechtmann-Platz zu Ende, wo die Initiative „Ab geht die Lucie!“ mit ihrem Gemeinschaftsgarten eine Alternative der Nutzung öffentlicher Flächen präsentierte. Der Platz wurde nach 10 Jahren von einer Brache in einem lebendigen Begegnungsort verwandelt - dank der Initiative von Anwohnerinnen.

Eine ganz andere Stadtentwicklung ist möglich!

Denn die Stadt gehört uns allen!


Um dies weiter einzufordern werden weitere Stadtrundgänge in anderen Stadtteilen folgen! Das nächste Planungstreffen hierfür findet am 13.01.15 um 19 Uhr im Jugendhaus Buchte statt. Ihr seid herzlich eingeladen, euch einzubringen!